Das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 01.11.2008 löste die alte Rechtslage ab, nach der – wenn ein GmbH-Anteil erworben wurde – die Gesellschafterliste keine Aussagekraft darüber hatte, wer gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter galt. Dies hat sich grundsätzlich verändert: denn nun gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur als Gesellschafter, wer in der Gesellschafterliste aufgeführt ist.
Das Bundessozialgericht entschied (Urteil v. 12.05.2020 – B 12 KR 30/19) auf dieser Grundlage, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein Geschäftsführer abhängig beschäftigt ist, nicht die tatsächliche Inhaberschaft der Geschäftsteile maßgeblich ist, sondern die beim Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste. Denn nur der gelistete Gesellschafter-Geschäftsführer könne seine Rechte als solcher auch ausüben. Auf diese Wertung kann sich auch der Sozialversicherungsträger berufen.
Neue Entscheidung des Bundessozialgerichts
In einem aktuelleren Urteil (Urt. v. 13.03.2023 – B 12 R 4/21) entschied das Bundessozialgericht, dass seine frühere Entscheidung (s.o.) auch auf Gesellschafterlisten anzuwenden sei, die bereits vor dem Inkrafttreten des MoMiG hinterlegt war.
Danach kann der Sozialversicherungsträger auch einen 50% beteiligten und zugleich geschäftsführenden Gesellschafter auch deshalb abhängig Beschäftigten und damit sozialversicherungspflichtig einstufen, wenn dieser nicht als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist (vgl. Urteil d. Landessozialgerichts Bayern v. 06.12.2023 – L 6 BA 97/21, noch nicht rechtskräftig !).
Ein über 50% beteiligter Gesellschafter kann auch Einfluss auf die Gesellschaft als Mitarbeiter ausüben, ohne Geschäftsführer zu sein, sodass er nicht sozialversicherungspflichtig ist. Hält ein Gesellschafter genau 50% der Gesellschaftsanteile, kann er in der Gesellschafterversammlung gefasste Beschlüsse zwar blockieren (sog. Sperrminorität), Gestaltungs- und Entscheidungsbefugnisse kommen ihm aber nur zu, wenn er auch Geschäftsführer ist.
Wenn die Bestellung eines Geschäftsführers nicht gem. § 39 Abs. 1 GmbHG ins Handelsregister eingetragen ist, kann der Sozialversicherungsträger die Position des Geschäftsführers als abhängigen Beschäftigten anhand seines Dienstvertrages bewerten. Denn nach dem Eintragungsgrundsatz des § 15 HGB muss die Gesellschaft nur das im Handelsregister Eingetragene gegen sich gelten lassen und kann ausschließlich dies gegenüber Dritten geltend machen. Ein Gesellschafterbeschluss über die Bestellung eines Geschäftsführers soll unbeachtlich sein, weil das Registergericht noch nicht dessen Rechtmäßigkeit prüfen könnte.
Ausblick
Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts sind vielfach diskutiert und umstritten, das Urteil des Landessozialgerichts Bayern noch nicht rechtskräftig – dennoch sollten GmbH-Gesellschafter und -Geschäftsführer dringend darauf achten, alle die Gesellschafterliste betreffenden Änderungen unverzüglich durch Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste und Eintragung im Handelsregister nachvollziehbar zu machen. Nur auf diesem Wege lassen sich hohe Nachzahlungen an die Sozialversicherungen vermeiden.