Rechtsanwaltskanzlei Briest
BERLIN - WAREN (MÜRITZ)
KOMPETENZ FÜR DEN MITTELSTAND

Auflösung einer GmbH wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt regelmäßig noch nicht zu einer Verlustrealisierung iSd. § 17 EStG

I. Sachverhalt

Die Klägerin erwarb im Frühjahr 2014 Geschäftsanteile an einer GmbH zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 EUR. Weiterhin gewährte sie dieser GmbH, um eine drohende Insolvenz abzuwenden, ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 320.000 EUR. Das Darlehen konnte mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten ordentlich und bei einem Insolvenzeröffnungsantrag gegenüber der GmbH auch mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt werden.

Zur Sicherung übereignete die GmbH der Klägerin Fahrzeuge im Gesamtwert von maximal 38.000 EUR sowie ein Ersatzteillager im Wert von 40.000 EUR.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH im September 2014 wurde die Gesellschaft qua Gesetzes aufgelöst; zugleich wurde Masseunzulänglichkeit angezeigt. Im Bericht des Insolvenzverwalters wurde ersichtlich, dass die Klägerin im Mai 2014 Rückzahlungen auf das von ihr gewährte Darlehen in Höhe von 16.000 EUR erhielt und außerdem die zu ihren Gunsten besicherten Fahrzeuge teilweise veräußert hatte. Damit verblieben noch Vermögenswerte in Höhe von 44.000 EUR für die Insolvenzmasse.

II. Entscheidung des Gerichts

Im Prozess verlangte die Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2014 die Berücksichtigung eines Verlustes gem. § 17 EstG in Höhe von 320.001 EUR. Denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit der Rückzahlung des Darlehens seitens der GmbHG zu rechnen gewesen. Der Ausfall der Darlehensforderung sei zu diesem Zeitpunkt endgültig gewesen und habe zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung geführt. Der Beklagte lehnte eine etwaige Verlustberücksichtigung für den Veranlagungszeitraum 2014 ab, weil in diesem Jahr gerade noch nicht ersichtlich gewesen sei, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen würden. Das von der Klägerin gewährte Darlehen habe vielmehr bereits keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass im Streitjahr kein Auflösungsverlust zu berücksichtigen gewesen sei. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters gehe hervor, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses – nämlich der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – nicht vermögenslos gewesen ist. Der gemeine Wert des der Klägerin zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens habe zudem im Streitjahr nicht festgestanden, weil aus der hier gebotenen ex-ante-Perspektive nicht bekannt war, ob die Rückzahlung von 16.000 EUR vom Insolvenbzverwalter angefochten werden würde und ob etwaige Erlöse aus der Verwertung der besicherten Fahrzeuge der Insolvenzanfechtung unterlägen.