Im Urteil (BGH, Urt. v. 08.08.2023 – II ZR 13/22, ZIP 2023, 1986 ff.) hat sich der BGH mit einem höchst praxisrelevanten Stimmverbot eines Gesellschafters im folgenden Fall befasst:
I. Sachverhalt
Der Kläger war u.a. gemeinsam mit A und B Gesellschafter einer GmbH, wobei A und B eine verbotene Konkurrenztätigkeit ausübten. Der Kläger beantragte daraufhin, in der GmbH-Gesellschafterversammlung zu beschließen, dass gegen A und B Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollten. A und B stimmten gegen diesen Beschluss. Der Versammlungsleiter hielt im Protokoll fest, dass der Beschluss abgelehnt wurde.
II. Entscheidung des BGH
Der BGH erklärte diesen Gesellschafterbeschluss für nichtig. Denn A und B hätte kein Stimmrecht zugestanden. Gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegen Gesellschafter einem Stimmverbot für Beschlussfassungen, wen es dabei um die Einleitung eines Rechtsstreits gegen sie geht. Sie dürften also nicht „Richter in eigener Sache“ sein, so der BGH (ZIP 2023, 1986, 1987 Rz. 16).
Die Vorinstanz hatte unzutreffend keine Einwände gegen die Mitbestimmung von A und B erhoben. Dies begründete sie damit, dass die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen A und B „rechtlich nicht geboten“ sei.
Der BGH betonte dagegen nochmals ausdrücklich, dass die Entscheidung über den Erfolg etwaiger Schadensersatzansprüche nicht vorweggenommen werden dürfe, sondern das Stimmverbot unabhängig davon besteht, ob der spätere Prozess gegen A und B tatsächlich Aussicht auf Erfolg hat. Das Stimmverbot greift bereits dann, wenn ungefähr klar ist, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag des betreffenden Gesellschafters bestehen. Ob der Gesellschafter schlussendlich haftet, ist erst im folgenden Prozess zu entscheiden.
III. Fazit
Das Urteil zeigt, wie wichtig die Vorbereitung und sorgfältige Protokollierung einer Gesellschafterversammlung ist, wenn es Streitigkeiten und Unstimmigkeiten gibt. Wenn Schadensersatzansprüche gegen Mitgesellschafter geltend gemacht werden sollen, sollte schon in der Einladung zur Gesellschafterversammlung konkret formuliert werden, was der rechtliche und tatsächliche Grund für die Haftung ist. Außerdem sollte beantragt werden, dass die Gesellschafterversammlung einen neutralen Prozessvertreter festlegt, der die Schadensersatzforderungen durchsetzen soll.